WHY WE DON'T PROMOTE VINTAGE

Craft & Industry Insights

WHY WE DON'T  

PROMOTE VINTAGE

September, 2020

Interieur- und Modeprodukte aus gebrauchten guatemaltekischen Textilien, insbesondere Brokat, werden immer beliebter. Sie werden als Vintage-Textilien beworben, die fair und recycelt sind. Leider ist dies oft nicht der Fall. Diese Vintage-Textilien werden von Maya-Frauen in Zeiten großer Not verkauft. 

ETWAS HINTERGRUND

In den indigenen Maya-Gemeinschaften Guatemalas wurde die traditionelle Textilwebkunst über die letzten 2.000 Jahre von Generation zu Generation weitergegeben und auf diese Weise bis in die heutige Zeit bewahrt. Die Meisterinnen dieser alten Webkunst sind gegenwärtig hauptsächlich Maya-Frauen. Viele Mädchen fangen bereits im Alter von sieben Jahren an grundlegende Webtechniken zu erlernen, so dass sie als Teenager in der Lage sind, an komplexeren Textildesigns zu arbeiten.


Das traditionelle Brokatweben am Hüftwebstuhl ist die komplexeste und zeitaufwendigste Webart und die wohl berühmteste Kunstform aus Guatemala. Bis heute hat sie eine große kulturelle und spirituelle Bedeutung für die indigene Bevölkerung. Das Brokatweben wird normalerweise zur Herstellung des Rumpfteils, Huipil genannt, der traditionellen Kleidung der Maya-Frauen verwendet. Der Prozess der Herstellung eines traditionellen Huipil kann je nach Design Wochen oder gar mehrere Monate in Anspruch nehmen. Es finden sich mehr als 1.000 verschiedene Textilmuster in der traditionellen Maya-Kleidung. Die Muster und Farben unterscheiden sich je nach Region und Maya-Gemeinschaft. Ein wahres Designer-Paradies! 

Zurück zum PROBLEM

Vintage-Kleidungsstücke sind in der Regel das genaue Gegenteil von fair, und der Begriff "recycelt" ist keine angemessene Beschreibung für die Praxis des Weiterverkaufs. Hier ist der Grund dafür:

1.
Wenn eine Frau verzweifelt ist und dringend Geld braucht (z.B. wenn ihr Kind krank ist oder sie unerwartete Ausgaben hat oder ihr Mann keine Arbeit findet und sie Nahrung für ihre Familie braucht), wird sie jedes ihrer Huipile verkaufen, ohne den niedrigen Preis, zu dem sie es verkauft, in Frage zu stellen, selbst wenn es für sie wirklich von Bedeutung ist.

2.

Produkte aus gebrauchten Huipiles werden oft als "recycelt" beworben. Aber Recycling bedeutet, eine neue Verwendung für etwas zu finden, das kaputt oder aus einem anderen Grund nicht mehr brauchbar ist. Bei diesen Kleidungsstücken ist es anders: Der Prozess des Wiederverkaufs zerstört etwas Bedeutungsvolles, anstatt ihm eine neue Bedeutung zu geben. Die Förderung von Produkten, die aus Vintage-Textilien aus Guatemala hergestellt werden, führt zu einer Wertminderung und Geringwertschätzung von Arbeit und Kultur unter den Maya-Frauen. Sie sehen den Wert ihres Handwerks nicht, was auf lange Sicht den Verlust ihrer kulturellen Identität und ihres kulturellen Erbes bedeutet.

Durch unsere Arbeit im guatemaltekischen Artisan & Craft Sektor haben wir einen tiefen Einblick in die Situation vor Ort bekommen. Wir haben unglaublich viele Erfahrungen gesammelt und die üblichen Praktiken im Kunsthandarbeitssektor kennengelernt. Unsere Mission können wir wahrlich nicht als einfach bezeichnen. Der einzige Weg den wir jedoch sehen, um aktiv etwas zu verändern, besteht nicht nur darin "Arbeit zu schaffen" (ein allgemein verwendeter Ausdruck in der Zusammenarbeit mit Artisans), sondern auch das Einkommen der Maya-Weberinnen so weit zu erhöhen, dass sie sich anerkannt und wertgeschätzt fühlen. Es ist notwendig die Standards im Umgang mit indigenem Kunsthandwerk anzuheben, denn kulturelle Anerkennung bedeutet in erster Linie, die Menschen hinter dem Kunsthandwerk zu sehen. Es bedeutet die Zeit die es braucht um traditionelle Textilkunst zu erschaffen wertzuschätzen sowie das überlieferte kulturelle Wissen zu ehren, das die Maya-Frauen am Leben zu erhalten wussten.

FÜR EINEN TIEFEREN EINBLICK EMPFEHLEN WIR DIESEN DOKUMENTARFILM:


EINE ETHISCHE UNTERSUCHUNG DER VERWENDUNG GEBRAUCHTER HUIPILE UND EIN AUFRUF ZUM HANDELN, UM DIE ALTE Textilkunst Der MAYAs ZU ERHALTEN. 


Co-directed by 

Erin Semine Kökdil & 

Jenn Miller Scarnato